BVerwG-Urteil zur Videoüberwachung

Das BVerwG hat den § 4 BDSG bereits 2019 für europarechtswidrig erklärt. Die Videoüberwachungsmaßnahmen bei nicht-öffentlichen Stellen sind nach dem Richterspruch nur entsprechend den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO möglich. Urteil vom 27.03.2019

 

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung nun für die Praxis?
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat vor allem weitreichende praktische Konsequenzen. Die Verantwortlichen, die Videoüberwachungsanlagen einsetzen und in der datenschutzrechtlichen Dokumentation (beispielsweise in den Informationen nach Art. 13 bzw. Art. 14 DSGVO oder im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten gemäß Art. 30 DSGVO) für die Videoüberwachung § 4 BDSG als Rechtsgrundlage bisher angegeben haben, haben nun die Dokumente anzupassen und auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO zu verweisen.

Wobei in diesem Zusammenhang natürlich auch geprüft werden sollte, ob die gesetzlichen Voraussetzungen entsprechend gegeben sind. Das Urteil im Volltext finden Sie unter: BVerwG 6 C 2.18 , Urteil vom 27. MBVerwG 6 C 2.18 , Urteil vom 27. März 2019 _ Bundesverwaltungsgerichtärz 2019 _ Bundesverwaltungsgericht

Relevant ist diese Entscheidung insbesondere für die Hinweisbeschilderung.

Aufgrund des Urteils ist nun endgültig klar, dass bei der Ausgestaltung der Hinweisschilder – mangels Anwendbarkeit von § 4 Abs. 2 BDSG die allgemeinen Informationspflichten nach Art. 13, 14 DSGVO erfüllt werden müssen.

Was heißt das nun im Klartext

Das Hinweisschild darf weiterhin so bleiben

 

Aber der Informationsaushang und damit auch die Datenschutzdokumentation muss geändert werden. Es ist nun auch wieder eine Vorabkontrolle erforderlich, denn nur dann kann der  genaue Zweck und die Begründung  für jede Kamera herausgefunden werden. In den Datenschutz-Unterlagen/Dokumenten muss der Hinweis auf Art. 6 DSGVO erfolgen und kein Hinweis auf das BDSG. Die zumeist verwendete Formulierung auf den Hinweisschildern „Hausrecht“ ist somit nicht mehr zulässig.

 

 

Weshalb nun wieder Vorabkontrolle?

Wenn Sie das Urteil ganz genau lesen, dann finden Sie die Erklärung dafür im BVerwG 6 C 2.18 , Urteil vom 27. März 2019 _ Bundesverwaltungsgericht auf Seite 6.

 

….Der Berechtigte kann zwar aufgrund seines Hausrechts missliebiges Verhalten zum Anlass nehmen,Besuchern „die Tür zu weisen“. Allerdings zeigt die Regelungssystematik des § 6b Abs. 1 BDSG a.F., dass er sich nicht beliebig auf das Hausrecht berufen kann, um eine Videoüberwachung durchzuführen.

Vielmehr muss er sich auf ein berechtigtes Interesse, d.h. auf einen „guten Grund“ stützen können. Dies kann jedes subjektive Interesse sein, wenn es grundsätzlich schutzwürdig und objektiv begründbar ist. (vgl. BTDrs. 14/5793 S. 61).

Wie das berechtigte Interesse festgestellt werden kann, ist in dieser als Vergleich angeführten Bundestag Drucksache 14/5793 auf Seite 61-62 genau beschrieben. Wer also das BVerwG-Urteil bislang noch nicht verstanden hat, kann sich hier schlauer machen.

Der Zweck der Videoüberwachung muss objektiv begründbar sein – und dies geht nur mit einer sogenannten „Vorabkontrolle. Die Zwecke der Videoüberwachung müssen vor Beginn der Maßnahme konkret festgelegt werden. Hierdurch wird die Nachprüfung der Erforderlichkeit der jeweiligen Beobachtungsmaßnahme – etwa im Hinblick auf die eingesetzte Technik – erleichtert. Deshalb ist zwingend eine Vorabkontrolle erforderlich, bevor Kameras installiert werden.

Einen interessanten Beitrag zu diesem Thema gibt es von der Landesdatenschutzbehörde Rheinland-Pfalz

Die Videoüberwachung des Gewerbebetriebs wird durch Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO geregelt. § 4 BDSG findet im nicht-öffentlichen Bereich, also bei der Durchführung einer Videoüberwachung durch natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts, keine Anwendung. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27.03.2019, Az. 6 C 2/18 klargestellt. Sofern Beschäftigte von der Videoüberwachung betroffen sind, ist außerdem § 26 BDSG  zu beachten. Die Videoüberwachung von Beschäftigten ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig.

Die rechtmäßige Durchführung einer Videoüberwachung unterliegt darüber hinaus umfangreichen formellen Vorgaben. Die Videoüberwachung muss nicht nur fair und transparent erfolgen – die Verantwortliche muss diese Datenverarbeitung auch sorgfältig dokumentieren, Art. 5 DSGVO. Verstöße gegen diese formellen Vorgaben können erhebliche Geldbußen nach sich ziehen.

 

Voraussetzungen der Videoüberwachung

Bei einer Videoüberwachung sind die Interessen des Verantwortlichen gegen die Interessen der betroffenen Personen abzuwägen. Diese Interessenabwägung erfolgt auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO.

Das berechtigte Interesse muss konkret benannt werden. Dies sollte sich nicht auf einen pauschalen Verweis – etwa auf das Hausrecht oder den Eigentumsschutz – beschränken. Stattdessen sollte ein klarer Bezug zum Verwendungszweck und der Gefährdungslage ersichtlich sein.

 

Auch der Bundestag bestätigt ausdrücklich das Gerichtsurteil und stellt in einer eigens veröffentlichen Drucksache 14/5793 fest, das Videoüberwachung nur noch gem. Art. 6 DSGVO gilt.

Der Deutsche Bundestag stellt in der Drucksache 19/11181 – 16 – Drucksache 1405793 Änderung des BDSG aus dem Jahre 2001Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode vom 26.06.2019 stellt der Bundestag unter den folgenden Punkten fest:

  1. davon abgesehen wird, die gesetzlichen Schwellen für die Bestellpflicht von betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu lockern oder gar vollständig abzuschaffen, ( von 10 auf 20)
  2. die sich aus dem Nebeneinander des KUG und der DSGVO ergebenden Rechtsunsicherheiten durch eine klarstellende gesetzliche Regelung beseitigt werden,
  3. gemäß Urteil des BVerwG vom 27.03.2019 (6 C 2.18) klargestellt wird, dass private Videoüberwachungen ausschließlich nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO zu beurteilen sind,

Die Dokumentation des Verwendungszweckes und der Interessenabwägung ist im Rahmen einer sogenannten Vorabkontrolle durchzuführen.

 

 

Art. 6 DSGVO Rechtmäßigkeit der Verarbeitung

Art.13 DSGVO Informationspflicht bei Erhebung von personenbezogenen Daten bei der betroffenen Person

Art. 14 DSGVO Informationspflicht